On Saturday 08 September 2012 18:15:03 Jens Herrmann wrote:

> On 09/08/2012 01:56 PM, Konrad Rosenbaum wrote:

> > Welche Anreize speziell meinst Du?

>

> Raymond schreibt, für nachhaltige Motivation muß der Programmierer sich

> da ransetzen weil es eine interessante/schwierige Problemstellung ist,

> weil ihn die Aufgabe selbst interessiert.

 

Ahh. Also doch das was ich mit "Scratch an itch" zusammengefasst hatte.

 

Referenz:

http://www.catb.org/esr/writings/homesteading/cathedral-bazaar/ar01s02.html

 

> Seiner Meinung nach (die er

> mit Studien unterfüttert) zerstören extrinsische Anreize z.B. durch Geld

> diese Motivation.

 

Völlig korrekt. Meine eigene (nicht sehr wissenschaftliche) Beobachtung ist dass sich vieles radikal ändert wenn Du die Motivation änderst:

 

intrinsische Motivation (Neugier, Ruhm, guter Ruf, ...):

* dem Hacker ist nahezu egal wie viel Zeit er investiert

* das Ziel ist es das Problem möglichst gut zu lösen

* Nebenziele sind:

- dabei was lernen,

- die eigene Position in der Community festigen,

- Erfolgserlebnisse

 

extrinsische Motivation (Kasten Bier, Geld, ...):

* es wird maximal so viel Zeit investiert wie die Gegenleistung wert ist

* das Ziel ist es das Problem so schnell wie möglich zu lösen

* Nebenziel ist dabei Gewinn zu machen

 

Gewisse Trad-Offs werden auch bei intrinsischer Motivation gemacht - man löst hauptsächlich die Probleme, die man selbst auch spürt oder die bei denen die "Nebenziele" am besten bedient werden. Deswegen bleiben Bugs mit schlechter oder gar keiner Beschreibung liegen - man geht einfach nicht davon aus dass ein User, der sich keine Mühe gibt, irgendeine Form von Dankbarkeit zeigt die ein Erfolgserlebnis darstellt oder die eigene Position festigt.

 

Interessant zu beobachten ist wenn es einen Bug gibt der zunächst "intrinsisch" diskutiert wird und bei dem dann jemand Geld bietet: entweder wird die Geldfrage rundherum abgelehnt oder ein großer Teil der aktuellen Entwickler steigt aus der Diskussion aus - stattdessen kommen die "Kopfgeldjäger", die versuchen werden den Bug so schnell wie möglich zu lösen um das Geld einzustreichen - ohne auf Nebenwirkungen zu achten natürlich.

 

Dass Geld demotivierend wirken kann liegt einfach daran dass man sehr viel davon braucht damit es sich lohnt:

* Programmierung ist eine hochspezialisierte Disziplin - Expertise kostet Geld

(normale Consulting-Preise liegen zwischen 50 und 200 Euro pro Stunde; wenn

man "Nebenbeschäftigungen" mitzählt ist kein Bug in nur 1 Stunde gefixt)

* die Transaktionskosten sind erheblich: Rechnung stellen, Kontodaten

übermitteln, Geldeingang prüfen, mahnen, verhandeln, Gebühren ...

* ...am Ende muss man davon leben können...

(Programmierer sind an einen hohen Lebensstandard gewöhnt, Freiberufler

müssen dann auch noch die saure-Gurken-Zeit überbrücken)

 

> (S.108+109)

 

Seitenangaben bringen hier nicht viel: wir wissen nicht welche Ausgabe Du hast und in welcher Sprache Du es liest - die meisten lesen es als Webseite...

 

 

Konrad