Hallo Daniela,

also ich war damals sehr interessiert habe es aber zu DDR Zeiten nie geschafft an einen eigenen Computer ran zukommen. Im Funkamteur gab es eine Reihe mit der man einen Computer bauen konnte - den AC1. Dort wurde auch jedes Bit und jeder Schaltkreis bis ins Kleinste erklärt. Es gibt eine Webseite zu diesem Thema dort findest Du bestimmt auch Kontakt zu den Leuten die es geschafft haben http://www.ac1-info.de/.
Über den Verlag konnten auch Leiterplatten bestellt werden - davon hatte ich Gebrauch gemacht, denn für das selber ätzen waren die Bahnen zu klein da hätte man schon vernünftige Werkzeuge benötigt. Leider waren die Platten nicht gebohrt. So habe ich in der 9./10. Klasse erstmal ewig versucht an Bohrer in dieser kleinen Größe ran zu kommen. In großen Städten war das bestimmt weniger ein Problem aber ich lebte in einer Kleinstadt. Leider bekam ich die Bohrer auch nicht über die Station Junger Naturforscher (es war damals total normal nach der Schule seine Freizeit in einer/mehreren Arbeitsgemeinschaften zu verbringen)  Nachdem ein Kumpel meines Vaters mir die Bohrer aus einem Fernsehbetrieb besorgt hatte, kam ich ein paar Platinen weit bis dann auch der 3. und letzte Bohrer abbrach. Das war dann das Aus für mein Projekt. Die Platinen hatte ich zwar noch mit zur Armee geschleppt in der Hoffnung das ich dort weiter komme aber da musste man schon Glück haben um bestimmte Jobs zu bekommen - das hatte ich leider nicht.
Vom Alltag mit Computer würde ich in den Jahren 85-87 der DDR nicht reden wollen - zumindest nicht für Leute die eine andere Lehre als Facharbeiter für EDV absolvierten (Man hatte nicht unbedingt die Auswahl - man bekam teilweise einfach einen Job zugeteilt den man zu erlernen hatte bzw. mir bot sich die Auswahl von 3 Berufen - war leider nix in Richtung Elektronik dabei). Dennoch gab es in der Lehre einen Lehrer der einen Computer privat aus dem Westen eingeschleppt hatte und eine AG Computer gründete - 3 Mitglieder, der Lehrer, der FDJ Sekretär und ich :) Ich glaube es war ein ATARI oder Commodore - ich weiss es nicht mehr genau. Darauf hab ich zumindest mal Basic lernen können. Bis dato hatte ich meine Ideen immer nur auf Papier aufgeschrieben ohne eine Chance den Programmkode auch mal laufen zu lassen. In der Lehre war das dann die erste Gelegenheit mal zu sehen wie so ein Progamm dann läuft - und es kam keine 3 Zeilen weit - wurde aber besser :)
Eine weitere Möglichkeit die sich mir bot war die Uni Jena - dort gab es ein Rechnerkabinett und die Studenten waren so nett und ließen mich dort ausprobieren. Es waren KC85/3 glaube ich.
Die PCs für den Büro/Heimgebrauch wurden nach meinem Wissen in der DDR erst ab ca. 1985 gefertigt. Die fertiggestellten PCs kamen in Betriebe, UNIs und andere Einrichtungen, ein Verkauf an Privatpersonen war mir nicht bekannt. Gab es aber bestimmt - in Berlin gab es ja immer alles und mit Beziehungen gab es noch mehr also würde ich es nicht ausschließen.
Die Bauteile für Computer waren relativ leicht in Bastelläden zu bekommen - ich denke das waren ICs bei denen die Tolleranzen nicht eingehalten wurden aber das hat mich damals nicht interessiert schließlich besaß ich nicht mal einen geerdeten Lötkolben. Ich glaube ein 4 fach Schieberegister gab es schon für 95 Pfennige (Für spezielle Wünsche kannte ich damals 2 Läden: einen in Leipzig und einen in Rostock - dort bekam man was es sonst nirgends gab). Ansonsten gab es 2 super Bücher über Schaltkreise in denen konnte die Funktionsweise, Belegung und Innenaufbau aller DDR Schaltkreise nachgelesen werden.
Nach der Armee und der Wende habe ich mir dann einen KC85/4 gekauft ca. 1000 Mark. Disketten Gerät konnte ich mir nicht mehr dazu leisten da die Leute damals 400 Mark dafür wollten. So hab ich mit einem alten GeraCord Kassettenrekorder und einem Junost TV noch ca. 1 - 2 Jahre an dem Teil gelernt (also Hobby mäßig denn da war ich ja schon Jungfacharbeiter in meinem Chemieberuf). Den KC hab ich noch im Keller - aber den rück ich auch nicht raus :)
Nun ich würde es nicht gerade als Erfolgsstory bezeichnen aber das war so meine Erfahrung mit Computern in der DDR.

Falls es Dir was nützt und Du weitere Fragen hast dann einfach an huluvu424242@gmail.com mailen.

Schönen Abend

Thomas


Am 26. August 2014 20:56 schrieb <dicklippe@yahoo.de>:
Guten Abend,

diese Anfrage Trudelte gerade beim C3D2 ein und ich denke hier auf
der LUG-DD gibt es gute Chancen jemand dafür zu finden.

Grüße


Beginn der weitergeleiteten Nachricht:

Datum: Wed, 20 Aug 2014 16:33:13 +0200
Von: daniela.goetz.1@web.de
An: mail@c3d2.de
Betreff: Zeitzeugen gesucht. Computer in der DDR, wie war das?


Hallo
ich habe gerade den Prodcast zu eurer Radiosendung über Computernerds
in der DDR gehört und hoffe ihr könnt mir weiterhelfen.

Mein Name ist Daniela und ich studiere an der Universität Potsdam
Geschichte.

Im Rahmen eines Seminars über deutsch- deutsche
Gesellschaftsgeschichte habe ich mich mit dem Thema „Wege in die
Informationsgesellschaft in Ost und West“ befasst. Sehr überrascht
waren meine Kommilitonen und ich über die doch sehr rege Computerszene
in der ehemaligen DDR.

Mein Interesse wurde geweckt und ich möchte dieses im Rahmen einer
Hausarbeit gerne vertiefen.

In DDR Zeitschriften wie „Jugend + Technik“ und „Funkamateur“ habe ich
einige Artikel über Heimcomputer, Kleincomputer, sowie Bauanleitungen
für Amateurgeräte gefunden. Auch hat es mir einen Eindruck vermittelt,
wie das sozialistische Deutschland mit dem Aufkommen der
Mikroelektronik umgegangen ist bzw. mit welchem großen Zuspruch die
Ostdeutsche Jugend die neue Computertechnik angenommen hat.

Mich interessiert besonders die Gestaltung des Alttags mit
Computertechnik in der DDR, fernab von dem sozialistischen Ideal der
Mikroelektronik als „Schlüsselrolle der Volkswirtschaft“

Um ein sehr ausgewogenes Bild über die DDR- Computerszene zu bekommen,
möchte ich mich nicht auf die „dem Staat unterstellten“ Medien
beziehen, sondern möchte mir gerne über persönliche Berichte aus jener
Zeit, ein Bild machen

Ich suche daher Zeitzeugen, die mir aus ihren persönlicher Erfahrungen
über den Beginn des Computerzeitalters (als Konsumgut)in der DDR
erzählen können.

wie ihre ersten Erfahrungen mit Computern waren.?

Wie sie Gleichgesinnte gesucht haben? Computerclubs? Zeitungsanzeigen?

Haben sie einen eigenen Computer besessen? Gekauft? Selbst gebaut?
Durch Westverwandschaft geschenkt bekommen?

Welche Bedeutung/ Einfluss hatten die technischen Errungenschaften aus
den USA, Japan?

Welche Bedeutung hatten Computerspiele / Computersport?

Zu welchen Computern hatte man Zugriff? Z1013? KC85 Reihe?/ HC 900/1?
…..

Etc.



Ich würde mich sehr über ein „Zeitzeugeninterview“ freuen.

Ob telefonisch, mit skype oder auch für ein persönliches Treffen wäre
ich bereit!

Natürlich werden alle persönlichen Daten vertraulich behandelt.
Daten , die Rückschluss auf den Interviewten geben könnten werden
geändert.

Vielleicht kennt ihr jemanden, der mir ein Interview geben würde?

oder kennt ihr Computerclubs die sich mit DDR Technik
auseinandersetzen?

ich freu mich über jeden Tipp und Kontakt

Liebe Grüße



Dani

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