Am Sonntag, 13. März 2005 14:18, schrieb Klaus Daessler:
- Fachsprache in der Muttersprache:
Ist es nur mir aufgefallen, daß reine Anwender "Computer" sagen, während ein Großteil der Fachleute "Rechner" sagt.
Nö, mir auch. Liegt vielleicht daran, daß die Fachleute aufgrund ihrer differenzierten Kenntnis des Fachgebiets lieber mit semantisch sicheren Begriffe kommunizieren, während die Anwender hilflos den semantisch schwammigen Begriffen der Werbe- und Vertriebsleute ausgeliefert sind und unreflektiert übernehmen müssen, mangels Alternativen.
Es ist ganz wichtig, daß die Fachsprachen in die Muttersprache eingebettet sind. Dann können die Laien geschärfte Begriffe aus den Fachsprachen übernehmen, damit steigt ihre Kompetenz, die Verständigung zwischen den Fachleuten und den Laien, die Rückkopplung aus dem Volk zu den Fachleuten, lauter ganz wichtige Dinge. Eine Wissenschaft/Fachdisziplin, die sich von der Sprache ihres Volkes getrennt hat, war noch nie zu dessen Nutzen, sondern immer zum Nutzen anderer
Bitte s/Volk/{Bevölkerung/Sprachgemeinschaft/Gesellschaft}/ Oder deutschsprachig: e/Volk/{Bevölkerung/Sprachgemeinschaft/Gesellschaft}/ ;)
Bei Volk fühle ich mich immer so eingeengt/angebunden.
(Machtstrukturen des Französisierenden, oder der
Obwohl es sprachwissenschaftlich wohl ganz lustig sein soll, daß man z.B. beim Militär im Englischen und Deutschen von Major und General redet. Diejenigen, die die Bezeichnungen übernommen haben, sollen nicht so recht mitbekommen haben, daß dies im Französischen nur die Attribute einer längeren Bezeichnung waren, und in der dortigen Sprache dieselbigen meistens hinter dem Subjekt stehen. Also wurde aus Attribut Subjekt und umgekehrt.
latinisierenden Herrschaftskirche, die dann durch Luther aufgebrochen wurde,
Der Typ, der den 30-jährigen Krieg ausgelöst hat, bei dem ein Großteil Mitteleuropas platt gemacht worden ist? :P
oder heute von Hrn. Gates).
Ich meine auch, wir müssen diesen Werbefuzzis und Wichtigtu-Verkäufern und auch den schlechten Schulungszentren immer auf die Finger klopfen, wenn sie durch Englisch-Gesäusel Hochachtung der Laien und Stallgeruch verbreiten wollen.
Naja, auf die Fingern klopfen klingt so nach Bevormundung, drüber lustig machen wäre besser, oder? Wir wollen doch niemandem vorschreiben, wie er sich zu artikulieren hat. Sondern drum bitten, sich verständlich auszudrücken, damit man ihn verstehen kann. Wenn er was zu sagen hat :))
- wenn das Interesse im LUG besteht, kann ich mal einen kurzen Vortrag
über Wissen, Intelligenz und Muttersprache halten. (Der natürlich i.a. zu riesigen kontroversen Diskussionen führt).
Ich bin auch der Meinung dass es wichtig ist sich mit Fachbegriffen genau auseinander zusetzen und sie korrekt in seine Muttersprache zu übersetzen, um Missverständnisse auszuschließen und Dinge besser zu verstehen.
- da stimme ich Dir, Alex, voll zu, jedoch bitte ich, folgendes
zu berücksichtigen:
Der Terminus "Übersetzen" bedeutet, daß das Phänomen woanders erfunden ist, und wir seine Bezeichnung - rein sprachlich - übersetzen. Es geht aber vielmehr darum, sich das Phänomen, das überall in der Welt vorhanden ist, im semantischen Kontext der Muttersprache anzusehen, und dann einen sprachlichen Begriff zu finden, der dem Phänomen im Deutschen optimal entspricht, wenn er nicht schon lange existiert :-) Das ist i.a. etwas anderes als "Übersetzen".
Das richtige Wort hast Du, Alexander, schon verwendet: "Eine Entsprechung finden"!
Hm. Muß man Programmiersprachen dann auch in entsprechenden Begriffen schreiben (Habe erst einen nichtenglischsprachigen Syntax gesehen)?
Also e/Volk/{Bevölkerung/Sprachgemeinschaft/Gesellschaft}/ ?
Und wer kümmert sich um die Variablennamen?
Wird es je Sicht-Grundlage für Fenster geben?
Beispiel für die Unterscheidung zw. Übersetzung und Entsprechung: Das Wort "es macht (keinen) Sinn" ist - im Gegensatz zu "es hat keinen Sinn" - eine ÜBERSETZUNG von "it makes (no) sense" und zeugt von einem grundlegend anderen philosophischen Ansatz. Der deutsche oder europäische Ansatz, und damit die deutsche ENTSPRECHUNG (es hat (keinen) Sinn) ist, daß den wichtigen Dingen der Welt (Ich, Leben, Evolution usw.) ein Sinn gegeben ist, auf den wir keinen Einfluß haben, und aus dem sich der Sinn anderer Dinge ableitet. Der US-amerikanische Ansatz ist hingegen der des Konsums: Wir erzeugen etwas, das Menschen als einen Sinn des Daseins erleben - wir erzeugen Sinn selbst, nämlich z.B. kräftig etwas kaufen. Das immer wieder gehört, schafft in den Köpfen der Menschen eine bestimmte weltanschauliche Grundhaltung, nämlich die des Neoliberalismus. Worte sind Macht.
Naja, die USA und Europa so dualistisch gegenüberzusetzen, ist vielleicht doch etwas zu, gelinde gesagt, vereinfacht. Überall gibt es eine Menge von unterschiedlichen Denkansätzen und Wertvorstellungen.
Aber daß Sprache und wahrgenommene Wirklichkeit sich wechselseitig beeinflussen, dem kann man wohl nicht widersprechen.
Selbst für diese grundlegenden Begriffe haben wir immer noch keine richtigen deutschen Entsprechungen gefunden.
Folgende deutsche Wörter werden (teilweise von mir) vorgeschlagen bzw.
gibt es schon lange:
Software = logiciel --- Denkware (ist noch sehr ungewohnt)
Aua. Das ist brutal. Wie wär's stattdessen mit Rechenautomat-Steuerungsanweisungen, abgekürzt Rasa? Oder Elektronische Datenverarbeitungsanlagen-Steuerungsanweisungen? Abgekürzt Edvasa? :P Bis Maschinen denken können, dauert es doch noch eine Weile. Je nach Verständnis von Denken sicherlich.
Hardware = matériel --- Gerätetechnik, Geräte (von Konrad Zuse
eingeführt, der den frei programmierbaren, d.h. turingmächtigen Rechner erfunden hat)
EDVzeug? Oder Edefauzeug? Datenautomatenzeug?
E-mail = courier électronique die Epost (Mengenbegriff), der Ebrief, oder
kontextabhängig "der Brief", "die Nachricht". (etwas ungewohnt, aber kurz und viel präziser)
Naja, bei Email würde ich persönlich eine Ausnahme machen*, denn dieser Begriff ist schon ziemlich gut verstanden/begriffen worden (Nachricht in elektronischen Medien (Niem? :P)). Nach der xten Rechtschreibreform wird da dann sicherlich sowieso Imäil draus, damit bekommt man endlich mal wieder neue Wortstämme in die Sprache :) Sprache ist auch nur ein Lebewesen und will sich entwickeln. ;)
Andererseits: Was ist mit Eschick? :P
* Solange man endlich Email schreibt, und nicht E-Mail oder EMail.
Interessant wäre es auch noch, wenn man den einzelnen Dialekten und Mundarten Vorschläge für die Begriffe machen würde, z.B. für's Sächsische. Hat jemand zufällig die sächsische oder plattdeutsche GNOME/KDE-Übersetzung drauf? Was machen die so aus Computer, Email und Kollegen?
Gruß Friedrich