Tobias Koenig schrieb:
Hej,
Linus Thorwalds z.B. spricht außergewöhnlich gut Englisch und Fachenglisch, das liegt wohl daran, daß die skandinavischen Länder keine außergewöhnliche akademische Tradition haben, und damit sehr stark zu Wissenschaftsenglisch tendieren.
Nein, liegt eher daran, dass die Skandinavier von Kind auf zweisprachig erzogen werden, Isländisch/Norwegisch/Schwedisch/Dänisch/Finnisch als Muttersprache und Englisch durch Filme/Musik, welche auf Grund der geringen Anzahl an Konsumenten nicht auf die jeweilige Sprache synchronisiert werden. Ist das jetzt ein Nachteil für das Skandinavische Staatswesen? Immerhin ist es den Kindern schon im Grundschulalter möglich ausländische Nachrichten im Internet zu lesen und damit nicht auf die (möglicherweise zensierte) inländische Presse angewiesen zu sein.
Das ist eigentlich nichts anderes als was ich sagte. Deshalb würde ich Dein Nein relativieren. Und ich möchte Dich auf einen eingebauten Denkfehler hinweisen.
Die Frage ist, was wird aus der schwedischen Nationalkultur, die das Unverwechselbare Schwedische ausmacht? Wird Schweden dann auch so eine langweilige globalenglische Nation, wie Australien, Kanada und andere? Schöne Natur, aber von der Nation und ihrer Kultur ist nichts mehr zu sehen. Die spezifisch schwedischen Denkmuster, Schulen, Kulturzeugnisse, das Gefühl der eigenen Identität sind nur noch Historie. Du gehst in die Mall shoppen, und findest alle Läden, wie in der Burlington Mall, dieselben Marken wie dort, (natürlich alles in China hergestellt).
Man sagt: Bewahre nicht die Asche - gib lieber das Feuer weiter.
Ich z.B. will das Feuer unserer deutschen Nation weitergeben, und meine, daß einzig und allein <kulturelle Vielfalt der Welt> als die Summe, nicht die Vereinigung, der grundlegend verschiedenen Nationalkulturen und Muttersprachen noch die verschiedenen Denkmuster hervorbringen kann, um die Welt vor ihrem Untergang noch dieses Jahrhundert zu bewahren.
Aber nicht diese breitgelatschte Ami/Globalkultur , der wir alle hinterherrennen, und die überall zynisch beweist, daß ihr die Menschen in Wirklichkeit ziemlich egal sind. (1.5 Millionen tote Iraker sind eben ein Kollateralschaden - dafür bringen wir ihnen die Demokratie).
Ich frage: Wo ist - in Anbetracht Deiner "geringen Menge von Filmkonsumenten" der wunderbare, genuin schwedische Film geblieben (Ingmar Bergman, Liv Ullmann, Erland Josephson usw?) Warum war die Synchronisation von Filmen in Schweden früher möglich, und heute nicht mehr? Sind die ärmer geworden? (finanziell nein, kulturell ja). Wo sind die wunderbaren, genuin schwedischen Kinderbuchautoren geblieben? Selma Lagerlöf, Astrid Lindgren und andere?
Ich meine, die schwedische Kultur kämpft verzweifelt um ihr Überleben gegenüber der breitgelatschten, volkspädagogischen US-Disney-, Konsum- und Rockkkultur und geht langsam unter. Ein Schicksal, das uns auch blüht, und wobei Du mit Deinen Auffassungen mithilfst.
Sie haben eine geringe Wissenschaftstradition und sie sind dabei, ihre Kulturtradition ebenfalls über Bord zu werfen. Wir Deutschen haben eine gewaltige Wissenschaftstradition und Kulturtradition, wobei unsere Kultur in weiten Zügen von uns selbst gefleddert und verraten wird. Und unsere Wissenschaft ...?
Es ist jedenfalls sehr angenehm im Urlaub in Skandinavien sich mit jedem Bürger (vom Schulkind bis zum Rentner) auf Englisch unterhalten zu können und nicht auf ein beschränktes 'Hallo/Mein Name ist/Ich komme aus/Aufwiedersehen' Vokabular angewiesen zusein...
Mir ist es angenehmer, in Schweden etwas von der schwedischen Sprache und Kultur zu erfahren. Aber wo bleibt die, wenn die alles so machen, wie es in Boston, Palo Alto, Lexington, Burlington, Los Angeles, Orlando, Miami schon ist????
Das in Deutschland immer noch Personen im öffentlichen Dienst bzw. Dienstleistungssektor (z.B. Polizisten, Bus/Bahnfahrer, Bankangestellte) nicht mal grundlegende Englischkentnisse haben ist eher peinlich, so wird das nix mit dem Tourismusstandort Deutschland....
Der Tourismusstandort Deutschland ist mir schnuppe. Deutschland ist mein Vaterland und mein Heimatland. Ich will hier leben und nirgendwo anders - höchstens mal ein bißchen als Tourist oder im Forschungsaufenthalt. Dann will ich die dortige Kultur kennenlernen und nicht durch dieselbe blöde Mall stapfen, wie in Dresden. Ich liebe die deutsche Kultur, die deutsche Wissenschaft, Philosophie, die deutschen Frauen, die deutschen Städte, die deutsche Literatur undsoweiter undsoweiter als allererstes auf der Welt! (Ohne die anderen zu verachten, sie sind willkommen aber nicht meine Heimat). Ihnen wünsche ich, daß sie genauso erhalten bleiben, wie meine Kultur. Ein Weltbürgertum gibt es nicht. Eine einheitliche Weltkultur wird es nicht geben. Das ist keine Kultur sondern Kommerz, an dem sich bestimmte Leute bereichern und ich veröde. Wir leben im Moment in einem großen Ungleichgewicht, das die ökonomische Globalisierung über uns bringt. Dabei werden alle kulturellen Werte zu Dollarwerten, was sie zerstört.
Und, lieber Tobias, glaube doch nicht, daß im Internetz Informationsfreiheit herrscht! Versuch doch mal, den Netzstandort zu finden, wo Du die Reden von Ahmadinedschad im Original lesen kannst, oder von welchem "aktuellen Bösewicht" auch immer!
Aber vielleicht bin ich auch nur verwöhnt durch das Leben in der OpenSource Community wo Englisch dann doch die Lingua franca geworden ist (zum Glück IMHO)
Ciao, Tobias
Die Konsequenz ist: Ach wenn wir doch endlich alle auf der Welt Globalenglisch sprechen würden, wie die 80% Unterschicht-Amerikaner. Dann wäre das Glück vollkommen!
Tschüss Klaus