Lieber Andreas, ich stimme Dir in weiten Teilen zu und freue mich, daß auch Du den Wert muttersprachlicher Verständigung unter Muttersprachlern schätzest.
Goethemäßig und Mannmäßig <> habe ich natürlich auch Wortstämme gemeint, man verwendet ja "Wörter" synonym für Wortstämme, weil die verschiedenen Wortformen (ich esse, Du issest, er sie es ißt usw) keiner als verschiedene Wörter betrachtet. <> Es ging auch immer um den aktiven Wortschatz. Wenn die Wortschätze in der Größenordnung der aktiv gebrauchten Wörter einer Sprechergruppe liegen, so sind Unterschiede von 1000 zu 4000 schon signifikant (d.h. 4000 ist "günstiger", führt aber noch nicht zur Verwirrung.) Die Tausend sind immer auf dichte Kontexte angewiesen, die in einer wenig sprechenden Gemeinschaft selten gegeben sind. Das Resultat sind z.B. Mängel an der Demokratie - z. B. kann eine demokratische Nation dann viel häufiger Kriege außerhalb ihres Territoriums führen, weil man ihren Bürgern mehr einreden kann. Dahrendorf sagte: Demokratie ist nur muttersprachlich möglich (sag ich auch, aber mir glaubts ja keiner:-) Linus Thorwalds z.B. spricht außergewöhnlich gut Englisch und Fachenglisch, das liegt wohl daran, daß die skandinavischen Länder keine außergewöhnliche akademische Tradition haben, und damit sehr stark zu Wissenschaftsenglisch tendieren. Allerdings hat er, soviel ich weiß, mittlerweile seine europäischen Wurzeln wiederentdeckt, weil ihm die Sillicon-Valley-Lebensweise doch ein wenig zu eintönig erscheint und auf den S... geht. (ich meine Senkel:-) Viele Grüße von Klaus
Grimnin Fridyson schrieb:
zu Bernhard: Aus SICHERER Quelle, von Firmen, die automatische Spracherkenner herstellen, und damit die Wortschätze der Population ihrer Zielsprecher genau kennen müssen, damit sie (akustische) Laut-Korpora, Sprach-Korpora und statistische Wortlexika herstellen können, geht folgendes hervor:
Der durchschnittliche Wortschatz eines US-Amerikaners beträgt ca. 800 Wortstämme ohne Eigennamen. (Das sind die Wortkerne ohne Flexion, d.h. Beugung, Deklination, Ein/Mehrzahl usw) Die Flexion bringt etwa einen Faktor 3-4 (zur genaueren Differenzierung der Kommunikation).
Der durchschnittliche Wortschatz eines Deutschen beträgt (heute immer noch) ca. 4500 Wortstämme (ohne Eigennamen) Die Flexion bringt im Deutschen einen Faktor von ca. 10,5
Der Gesamtwortschatz einer Muttersprache spielt hierbei keine Rolle. Es geht um die konkreten Sprecher unserer Generation.
- natürlich gibt es gebildete US-Amerikaner, deren
Wortschatz bis 15 000 Wortstämme gehen kann. Es handelt sich bei den 800 um einen Durchschnittswert.
- das Gleiche gilt für gebildete Deutsche, deren Anteil
signifikant höher ist, das geht aus der Statistik hervor.
ich denke mal das man mit den Umfang des Wortschatzes etwas vorsichtig sein sollte weil meist wird nur der verwendete Wortschatz angeschaut --> das heißt Wörter die man selber nutz der Wortschatz an Wörter die man versteht aber selber nicht spricht ist meist um einen Faktor 3-4 großer
- der Wortschatz von Goethe betrug ca. 22 000 Wörter, der
von Thomas Mann ca. 16 000
<ironie> naja bei 22000 (Wörter) / 10(Flexionsanteil) = 2200(Wortstämme) also berauschend ist das jetzt aber nicht, um damit zu glänzen
</ironie>
Der Deutsche Wortschatz dürfte um einen Faktor größer sein als der Englische mehr Stopwörter und Synonyme zusammengesetzte Wörter und so weiter
Ist ein großer Wortschatz hilfreich?
aus: http://www.asv.informatik.uni-leipzig.de/document/file_link85/LI05_Zipf.pdf Wenn wir nur N Wörter kennen, welcher Anteil von Text wird dadurch abgedeckt? N |Textabdeckung| Textabdeckung |(deutsch) | (englisch) 1 | 3% |5% 10 |16% |23% 100 |40% |42% 1.000 |60% |65% 10.000 |79% |90% 100.000 |92% |99 % 1.000.000 |98%
Ich denke mal ein großer Wortschatz hat auch Nachteile, denn wenn ich meine Sätze mit Wörter "schmücke" die mein gegenüber nicht im Wortschatz hat, dann versteht er mich auch nicht, gern bei unterschiedlichen Fächern, noch schlimmer -- oft werden da Begriffe auch noch unterschiedlich verwendet. Noch eine Überlegung das man in Vorträgen die Verwendung von Synonymen vieleicht auch lassen sollte, denn wenn ich mal Festplatte, mal Harddisk, mal Festplattenspeicher, mal Disk, mal Platte, mal Dauererspeicher, mal Plattenspeicher, mal Magnetspeicher verwende, kann es etwas verwirren.
Der Wortschatz ist auch nur ein Teil der Sprache, denn ein großer Wortschatz macht die Sache nicht eindeutiger als ein kleiner Wortschatz. (Das auch die Grammatik einen Einfluss hat, meint auch ein Herr Chomsky)
die Platten vernichten die Daten die Daten vernichten die Platten
Beide Sätze dürfte es so im Deutschen geben, und es ist nicht genau klar wer wen vernichtet (SPO gibt es im Deutschen nicht)
Auch sonst hat das Deutsche Schwächen bei der Eindeutigkeit, wie man gern an Rechtstexten sieht mit welchen Mittel dort gearbeitet wird, das es keine "Lücken" gibt.
Das näcste Selbst wenn ich alle Wörter kenne und die Grammatik behersche kann ich eine Aussage nicht verstehen: "Eulen nach Athen tragen"
Wenn ein Vortrag wirr aufgebaut ist, kann ich ihn auch nicht verstehen, auch wenn er in Deutsch gehalten wurde.
Was ich sagen will das man was nicht versteht kann viele Ursachen haben.
Ich finde es auch besser wenn Muttersprachler sich untereinander in ihrer Muttersprache unterhalten (Vorteil wenns die gleiche Muttersprache ist)
Andreas
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