N'Abend,
nicht, daß ich auf dem Gebiet belastbares Wissen hätte, aber hier quietscht es mir zu viel im Gebälk...
Am Mittwoch, 3. Mai 2006 15:39, schrieb Klaus Däßler:
Konrad Rosenbaum wrote:
Hallo Klaus,
Diese schwache Denglisiererei hab ich angemeckert. Denn wir können keine englischen Muttersprachler werden,
Why not?
Ohh, wait. My mom doesn't speak English. ;-)
So einfach ist das nicht. Es kann auch ne gute Oma gewesen sein - einfach die Bezugsperson, die Dir als kleiner Matz die ersten paar tausend Wörter gesagt hat, und das, was sie bedeuten (auch, was "gut" und "schlecht" ist und so).
Hu... würdest Du sowas in dieser Form auch in der Gegenwart eines Entwicklungs- bzw. Kognitionspsychologen sagen?
Damit baust Du ja im Inneren Dein semantisches Basisnetz auf (wohlgemerkt ein Begriffsnetz, kein Wortnetz), damit kommen insbesondere eine Menge Wertungen mit, die als Filter und Einordnungsweiche wirken.
Netz zwischen? Wie manifestieren sich diese Netze? Was ist der Unterschied zwischen Wort und Begriff? Was soll das Basisnetz sein?
Ich bewerte den Begriff "Muttersprache" uebrigens nicht mehr als gleichbedeutend mit "eine Sprache beherrschen": ich habe inzwischen einige englische Muttersprachler kennengelernt, die schlechter Englisch sprechen als ich, und einige, die besser Deutsch sprechen als mancher deutsche Muttersprachler.
Das ist ein unlogisches Gegenargument. Es ging nicht um eine Skalierung von Muttersprachlern vom Kaspar Hauser zu Goethe, sondern um vergleichbare Menschen des einen oder anderen Sprachkreises. Wenn z.B. in der EU ein Deutscher und ein Engländer auf Englisch (wie üblich) um die weitere Finanzierung von England durch Deutschland verhandeln. Wer zieht da wen über den Tisch?
Genau, wir wollen wieder über den Tisch ziehen.
Aber was hat das mit dem Gebrauch von (Phantasie-)Fremd- und Lehnwörtern unter Sprechern der gleichen Sprache zu tun?
Weil der Rechner neuerdings überall Kommpjuter genannt wird, schlußfolgern viele Menschen, der Kommpluter sei was ganz anderes als ein Rechner, und übersehen dabei das allerwichtigste, nämlich daß das Ding rechnet, rechnet, nichts als rechnet.
Mit Verlaub, das ist Quark. Das Ding (welches eigentlich?) rechnet nicht. Das ist ein Automat, der Eingaben mit inneren Zuständen zu Ausgaben kombiniert, größtenteils deterministisch. Kann bei entsprechender Bauweise und Interpretation von Eingabe und Ausgabe als Rechner benutzt werden, aber das wäre schon eine künstliche Einengung des Prinzips, wären wieder viele Anwendungsgebiete vertan, oje.
Damit ist der wissenschaftlich technische Rechner (vielleicht die einzige Grundlage unserer künftigen wirtschaftlichen Existenz)
Blickfeld ein wenig verengt?
total aus dem Gesichtsfeld der Menschen gerückt.
Ist es verwehrt, die gleiche Logik auf Bezeichnungen wie Auto(mobil), Telefon, Elektrizität und Photographie anzuwenden?
Dem Angelsachsen (so er nicht verblödet ist) wird diese Eigenschaft mit dem Wort compute gleich mit in die Wiege gegeben. Auch deshalb gibt es heute in England wesentlich mehr mittelständische wissenschaftlich-technische Informatikbuden - eben weil der kleine Matz sich gleich die besseren Gedanken macht - und wir nicht.
Nette Theorie. Aber wo sind die Untersuchungen, die auf Kausalität anstatt ebenfalls möglicher reiner Koinzidenz hindeuten? Und Ursachen auf ganz anderem Gebiet, z.B. der Lust an Unternehmertum statt Angestelltendasein, ausschließen?
Und Seite für Site ist ja das schlagendste Beispiel. Alle denken, das Ding mit der IP-Adresse ist nur ne Seite (Seite 15 z.B.). Wenn sie z.B. gleich Netzstandort hörten, hätten sie's gleich richtig eingeordnet, und könnten weiterfragen. Dann begreifen sie viel leichter, was das Internetz ist.
Und was ist das Internetz? Sowas wie Interflug? Oder Inter Mailand? Hilfe, meine Oma hat mir Inter nicht beigebracht.
wird eines Tages unsere ganze kreative Intelligenz wegsein - die normalerweise durch das Struktursystem der hochassoziativen (deutschen) Muttersprache in unseren Köpfen entsteht.
Meine kreative Intelligenz leidet jetzt schon an den Worten Kreativität, Intelligenz, Struktur, System und Assoziation, da die in meiner (deutschen) Muttersprache leider nicht vorkamen. Kann also auch nix damit anfangen. Naja, vielleicht als Buzzworte, um andere zu beeindrucken, die die bestimmt auch nicht verstehen. Aber dazu verwende ich derzeit lieber Innovation, das scheint echt was her zu machen.
(sigmatische Sprache kontra semantische Sprache).
Mein Gedaechtnis verlaesst mich...
Was hat Sprache mit dem griechischen Buchstaben "Sigma" zu tun?
Sigmatisch von Signum, das Zeichen. Die "bezeichnende", aber nicht erklärende, verstehende Sprache der Urgemeinschaft. Da brauchte man nur zu deuten, daß da'n Mammut kommt, sich aber nicht über Demokratie die Köpfe heiß reden.
Demokratie, jaja, deswegen regieren sich die Griechen auch viel besser, weil wir das Wort nicht verstehen :P
Daß die Urgemeinschaft (hm, ein wenig homozentrisch?) nur sigmatische Sprache (falls es das überhaupt gibt) beherrschte, wage ich doch zu bezweifeln. Denn die Semantik entsteht beim Rezipienten (wieder). Und ohne Semantik und in der Folge Pragmatik ist Sprache reinster Selbstzweck und wäre von der Evolution als Ressourcenvergeudung weggebügelt worden.
gg:sigmatik hilft den Interessierten wohl weiter.
In diese geistige Urgemeinschaft wollen sie uns sprachlich zurückbomben. Dann haben wir alle viel weniger Sorgen!
Eben. Vielleicht sind wir dann glücklicher? Was ist schon der Sinn des Lebens?
Einige wichtige Begriffe von damals:
Hu Baum HuHu Keule HuHuHu Mammut HuHuHuHu Frau
Kannst Du mir mal zwei HuHuHuHu gegen einen HuHuHu eintauschen? Gebe auch ne HuHu dazu! (Klingt doch schon fast wie Site:-)
Häh? Als ob Baum, Keule, Mammut und Frau besser wären. Die erklären doch auch nichts und sind reine Lautfolgen. Dingdasblätterhatundgaanzgroßwird, Dingausholzgeschnitztundtutwehwennaufschädel, Dingdassehrgroßundbesserzusammenzujagen und Dingdasimmerschimpftwennmanzuspätzumessenkommt, das wären Begriffe, die beschreiben und nicht nur, ha, bezeichnen. Aber auch hier wird deutlich, daß die Beschreibung immer nur im Kontext Sinn macht, also vielleicht assoziativ sogar eineingt, au Backe. Und wenn man bei den Beschreibungen nur auf einen kleinen Grundwortschatz der Sprache zurückgreift, naja, bei BILD steht nicht ohne Grund wenig zu komplizierten Sachverhalten, da helfen Assoziationen auch nicht weiter.
Kurz, meine unsachliche Meinung: Es ist sicher wertvoll, sach- und fachfremden Menschen Dinge näher zu bringen, indem beschreibende Bezeichnungen verwendet werden. Für eine effiziente Kommunikation kommt man aber nicht umhin, sigmatische Wort(stämm)e zu verwenden. Umso mehr Wort(stämm)e (=Konzepte), umso reicher eine Sprache, umso präziser die Ausdrucksmöglichkeiten...
Gruß Friedrich, sigmatisch, aber meist auch semantisch :P