Am Sonntag, den 13.03.2005, 08:58 +0100 schrieb Klaus Daessler:
- Nach Deiner Definition von "Programmierung" wird klar, warum
Linux gegenüber Windows keine Chance hat. Programmierung ist weit mehr als das simple Einhacken von Kodezeilen nach vorgegebenem Muster. Es ist ein hochgradig kreativer und schöpferischer und gleichzeitig von hoher Disziplin begleiteter Prozeß. Die Strukturen des Programmierwerkzeugs (meist einer Programmiersprache) sind auch gleichzeitig Denkstrukturen. Deshalb gibt es auch so außergewöhnlich viele Bücher über Programmierung.
Es gibt mehrere Definition. Eine besagt, daß die Programmierung die reine handwerkliche Tätigkeit des Kodierens ist, d.h. das Umsetzen eines Ablaufes oder Algorithmus in eine Programmiersprache. Streng genommen wird dabei einfach eine Notation in eine andere überführt (z.B. ein Struktogramm in Pascalnotation). Was Du meinst, wird in dem Kontext als (Algorithmen-/Programm-/Software-) Entwicklung bezeichnet. Faktisch ist es aber so, daß es kaum noch reine Programmierer (also "Kodiersklaven") gibt, da die Grenzen zwischen Entwicklung und Kodierung in der Praxis meist verschwimmen.
So einfach ist die Welt nicht, daß man erst "objektorientierte Anneliese und Desein" macht, und dann schlichte Programmkode-Erzeugung wie durch Abschreiben, oder gar automatisch, wie man das etwa nach den Märchenbüchern von Rumbaugh, Booch, Gamma, Jacobson vermuten könnte. Das sind alles Illusionen, die im Endeffekt zu wenig brauchbaren Programmen führen. Die sog. "industrielle Softwäär-Entwicklung" verkündet zwar nach außen, wie toll sie alle diese Techniken einsetzt, im Inneren wird aber blutig (leider auch unprofessionell) kreativ drauflosprogrammiert.
Das ist das "Verschwimmen der Grenzen".
Wissenschaft , die Fachdisziplinen hervorbringt, ist im wesentlichen Begriffsbildung. Du willst mir doch nicht erzählen, daß Engländer und Amerikaner die Informatik und ihre Fachterminologie erfunden hätten, und wir Deutschen sie jetzt krampfhaft ins Deutsche übersetzen müßten?
Ist es nur mir aufgefallen, daß reine Anwender "Computer" sagen, während ein Großteil der Fachleute "Rechner" sagt.
Das mit dem nicht mehr "nur-deutschen Unternehmen" ist eine Zwecklüge der Großfirmen, um ihre Mitarbeiter zur englischen Firmensprache zu bewegen. In Wirklichkeit geht es darum "Vorarbeiter" heranzuziehen, die von heut auf morgen mithelfen können, große Projekte z.B. von Deutschland nach Indien zu transferieren. Da braucht man englischsprechende Mitarbeiter. Als bei Siemens München (wo ich 25 Jahre gearbeitet habe) noch deutsch gesprochen wurde, war der Unternehmensbereich Datentechnik der erfolgreichste, machte auf allen Gebieten Firmen wie IBM und auch Mikroschrott und Sun Konkurrenz. Heute, wo Englisch die Firmensprache ist, ist die Siemens-Datenverarbeitung fast am Ende. Natürlich reden die in den Entwicklungslabors heimlich immer noch in ihrer Muttersprache, aber die Zusammenarbeit zwischen den Gruppen ist semantisch total abgerüstet. Das ist natürlich nicht der einzige Grund.
Das mag in großen Unternehmen so sein, im Mittelstand wirst Du sowas nur selten finden.
Mein Arzt muss nicht wissen, was "bubble sort" oder "quick sort" heißt, solange seine Tabellenkalkulation die Zellen der Tabelle korrekt sortiert.
Aber Du könntest, wenn Du den "bubblesort" zum erstenmal kennenlernst, sofort das Wort Blasen-Sort, oder Blasen-Sortierer hören. Dann hättest Du zu diesem Sortieralgorithmus sofort den richtigen nichtsprachlich-intelligenten Ansatz. Das Wort Blase hat ein deutscher Heranwachsender bereits millionenmal gehört und auch physisch erlebt. Das Wort "Babbel" assoziiert was ganz anderes, wo man nicht sieht, wie die Blasen im Glas aufsteigen, sondern bloß, wie es vor dem Maul platzt.
Naja, Vorsicht. Ich hab mit 14 keine Schwierigkeiten gehabt, zu begreifen, was das "Babbel" bedeutet und da hatte ich gerade mal ein Jahr polytechnischen Englischuntersicht.
- Diese Diskussion nimmt sehr langwierige Formen an, ich schlage
vor daß wir sie entweder abbrechen oder in die private Ebene verlegen
Gerade jetzt wo es interessant wird...
Eric