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On Saturday 23 February 2002 20:13, Reinhard Foerster wrote:
On Sat, Feb 23, 2002 at 05:20:28PM +0100, Frank Becker wrote:
Deiner Ausweitung der Diskussion auf Patente genereller Art folge ich nicht. Ist mir zu komplex.
Das lag einfach daran, daß ich bisher keinen großen Unterschied zwischen Patenten in SW- und NichtSW-Bereich erkennen kann. Das kreidet mir auch Konrad an, ich weiss nur noch nicht warum.
Die Technik, fuer die Patente mal eingefuehrt wurden, hatte diese Eigenschaften:
*lange und teure Forschung *viel Prototypen noetig, bis serienreif *einfach zu duplizieren (auseinanderschrauben, etwas rumprobieren, dann klonen) *erst bei heutiger Hochtechnologie wird die Analyse etwas schwieriger, fuer die grossen Firmen aber immernoch routinemaessig machbar
Insbesondere Software hat diese Eigenschaften:
*Forschung und Herstellung des Produkts sind der gleiche Prozess *die Forschung dauert in der Regel nicht so lange (Normalfall) oder fuehrt nicht zu einem fertigen Produkt, sondern braucht noch einige Jahre und Evolutionsschritte bis zur Anwendbarkeit (z.B. neue KI-Verfahren) *Serien-"produktion" heisst einfach nur CD-Image einige tausend mal pressen *Reengineering ist sehr aufwaendig (mindestens auf dem Level des Originalprojektes)
Wie man sieht ist der Patentschutz bei Software also in den allermeisten Faellen nicht noetig, weil das Reengineering der Software sowieso zu aufwaendig ist (mangels Tools, die aus Binaercode wieder semantisch korrekte Algorithmen machen koennen, Symbolnamen und Kommentare sind unwiederbringlich weg). Was man noch problemlos beobachten kann sind Geschaeftsablaeufe. Und die sollten nicht patentierbar sein, sonst bezahlen wir irgendwann dafuer, dass wir ueber bestimmte Themen reden (ueberspitzt ausgedrueckt).
Im Gegensatz dazu wird ein grosser Teil der Forschung durch Patente behindert: a) viel SW-Forschung muss in kooperativen Prozessen ueber Jahre hinweg laufen, es hat Jahrzehnte gebraucht, bis neuronale Netze in Autos eingesetzt werden konnten - es ist nur fair, wenn die Praxiserfahrungen auch an die Forscher zurueckfliessen (auch mit Patentrecht haetten sie keine Chance zum Gewinn-machen gehabt, weil die Patente zu zeitig ausgelaufen waeren) b) ein nicht unerheblicher Teil der SW-Forschung findet in Gruppen statt, die nicht die finanziellen Mittel fuer Patente haben (ein Grossteil der Web-technologie wurde von Gruppen, wie Apache-Project entwickelt)
Zum Vergleich: um Hardware-Forschung zu betreiben muss man in den meisten Faellen von vornherein ueber ein gewisses Budget verfuegen. Selbst wenn ich in Halbleiter-technologie ausgebildet waere, haette ich z.B. nicht die Mittel mir mal eben einen Implanter bei Applied Materials zu bestellen (Kostenpunkt: ca. $10Mio, und das waere nur eines von mindesten 20 Tools, die man dazu braucht).
Fazit: SW unterscheidet sich von den meisten anderen Technologien durch ihre Kosten- und Forschungs-struktur. Die Gruende, die fuer ein Patentwesen sprechen, treffen hier einfach nicht zu.
Konrad
- -- BOFH excuse #137:
User was distributing pornography on server; system seized by FBI.