On Fri, Feb 22, 2002 at 11:16:39AM +0100, oliver haertel wrote:
Oliver: sorry für die zweite Mail, ich hatte die Liste vergessen.
Das wiederum heißt: Erfolgreiche Forschung lohnt sich nicht.
Was soll dieses "lohnen" ? Lohnen im Geld-Sinn ? Forschung gab es bereits in Gesellschaften welche noch nicht vom das-rechnet-sich-doch-nicht-denken dominiert wurden.
Heutzutage regelt Geld die Welt. Das ist nunmal so. Bei den Gesellschaften, von denen du sprichtst, ging es zwar nicht um Geld aber um direkte Derivate von Geld (Essen, Fortpflanzungsmöglichkeiten, ...). Das Prinzip ist das gleiche: Der eigene Vorteil ist der wesentliche Antrieb des Menschen.
Es sind Menschen die hinter der Forschung stehen, Menschen sind kreativ Menschen sind wissbegierig. Es liegt in unserer Natur uns mit den Dingen zu beschäftigen, soll heißen Neugier ist die Triebfeder.
"Neugier" ist _eine_ Triebfeder. Ohne _DIE_ Triebfeder "Geld" funktioniert es trotzdem langfristig nicht. Gutes Beipiel dafür ist die DDR. Neugierig waren die Arbeiter in der DDR sicherlich nicht weniger als die Arbeiter anderswo. Trotzdem ging es den Bach runter weil die Treibfeder "Geld" in der DDR extrem abgeschwächt war.
Ein komisches Bild hast du von "dem Forscher". Es gibt ihn einfach nicht. Forschung findet in Gruppen statt.
Ob allein oder in der Gruppe spielt keine Rolle.
Und jetzt zur Kernfrage, wo genau findet der Prozess der Gewinnung von geistigen Eigentum statt ? Jedesmal wenn der Forscher auf Arbeit geht, oder wenn er zu Hause sein Klo saubermacht oder abends in der Kneipe ?
Wo jemand seine Geistestblitze hat ist individuell verschieden. Deine 3 Varianten sind alle möglich.
Genau das ist der Punkt, durch soziale Interaktion und dem Austausch von Wissen wird es einer Gruppe von Menschen ermöglicht, Ideen zu verwirklichen, welche sie am Ende durch eine Patentierung von eben dieser Gesellschaft fernhalten.
Es geht nicht ums "Ideen verwirklichen". Es geht ums "Ideen haben".
Um beim Beispiel MP3 zu bleiben. Ich habe nicht das Gefühl, durch meine soziale Interaktion den FHG-Leuten beim MP3-Erfinden geholfen zu haben. Die FHGler haben etwas geleistet, was ich nicht geleistet habe und sie verdienen somit geldwerte Vorteile im Vergleich zu mir.
Wenn du dafür eine besseres Modell als Patente + Lizenzen ausgeknobelt hast: Her damit! Alle warten sehnsüchtig darauf.
Weg damit !
Ich habe versucht zu zeigen, daß das keine Lösung ist.
Laut M-M basieren Heute erteilte Patente auf dem kollektiven, frei verfügbaren Wissen einer Gesellschaft.
Die Formel sieht etwa so aus:
Patentfähiges Ding = altbekanntes Ding + Neuschöpfung ^^^^^^^^^^^^ nur hierfür gibts das Patent
Das "altbekannte Ding" is die Basis und besteht aus deinem "frei verfügbaren Wissen einer Gesellschaft", z.B. der elementaren Mathematik. Ein Patent wird aber einzig und allein auf die Neuschöpfung gegeben! Mit dem Patent bekommt man keinerlei Rechte am "altbekannten Ding".
99,99999% der Menschheit haben für diese Neuschöpfung NICHTS getan.
Der/Die Erfinder der Neuschöpfung setzen sich also deutlich vom Rest der Gesellschaft ab und sollen dafür auch belohnt werden. Diese Belohnung muß organisiert (gesetzlich geregelt) werden. Schließlich wird die Neuschöpfung ein paar Jahre später Teil des "altbekanntes Dings" wodurch alle profitieren.
Melde ich also ein Patent an, hat das einen bitteren Nachgeschmack, weil ich basierend auf dem Wissen welches mir die Gesellschaft vermittelt hat, mir Vorteile verschaffe und sie mir gesetzlich schützen lasse.
Dir ist es freigestellt ob du auf deine Entdeckung ein Patent anmeldest. Du kannst deine Entdeckung auch weltweit veröffentlichen und damit allen anderen Leuten die Chance nehmen, auf deine Erfindung ein Patent anzumelden. Nach diesem Prizip werden offene Standards geschaffen. Leider gehst du als Erfinder dabei (monetär) leer aus. Wenn du nebenbei nichts anderes machst, verhungerst du trotz deines genialen Erfindergeistes innerhalb weniger Wochen. Ist das forschungsfreundlich?
Durch diesen Schutz verschaffe ich mir einen Wettbewerbsvorteil auf dem ich mich so lange ausruhen kann und Däumchen drehe bis mir die Kohle für meine Anwälte ausgeht. --> nicht gerade forschungsfreundlich.
^^^^ Diesen Schluß kann ich nicht nachvollziehen. Du als Entdecker und Patentanmelder kannst "dich ausruhen und Däumchen drehen". Du hast also einen positiven Effekt durch dein Erfindertum und dein Patent. Damit wirst du wohl bald wieder rumtüfteln um nach Auslaufen des alten Patents mal wieder "Däumchen drehen" zu können. Du als Forscher bist also langfristig motiviert und kannst von deiner Forscherei leben. Das IST forschungsfreundlich.
Reinhard